Texter*_Inx – wie geht Gendern?

Eine Frage der Leserlichkeit und gesellschaftlicher Strukturen

Die Diskussion ist im vollen Gange. Gendern. Wie und wann? Und wann nicht? Also am liebsten immer. Auch dann, wenn es nicht geht. Als Ergebnis haben wir oft unleserliche, elend lange Texte, die zu lesen überhaupt keinen Spaß macht.

Von Nadezda Gerdemann

Falls Sie jetzt denken, Zeilensprung wäre gegen Gendern, liegen Sie falsch. Denn wir sind definitiv dafür – gerade als Frauenunternehmen. Allerdings sollte auch Gendern mit Bedacht vorgenommen werden. Es gibt da nämlich einige Schwachstellen … Aber auch einige Lösungen. Fangen wir mit den Grundlagen an:

Welche Arten zum Gendern gibt es überhaupt?

  • als Paarform (Texter und Texterinnen)
  • mit Querstrich (Texter/innen)
  • mit Sternchen (Texter*innen)
  • mit i (TexterInnen)
  • mit Unterstrich (Texter_innen)
  • mit x (Textx)
  • Gendern in Stellenanzeigen (Texter m/w/d)

Übrigens: Nur die letzten zwei Gender-Varianten beziehen auch andere, nicht-binäre Geschlechter mit ein. Noch eine Schwachstelle beim Gendern entdeckt …

Gendern hat noch mehr Schwachstellen

Nachdem wir unterschiedliche Arten geklärt haben, sollte das Gender-Problem doch gelöst sein, oder? So ganz einfach ist das aber nicht: Ansonsten würde die Diskussion ja auch nicht solche Ausmaße annehmen. Nach wie vor bestehen beim Gendern Schwierigkeiten, was z. B. Lesbarkeit angeht: Spätestens wenn die Pronomen (mein, dein etc.) ins Spiel kommen, wird ein deutscher Text ziemlich unübersichtlich.

Auf Gendern verzichten?!

Tatsächlich gibt es einige Situationen, in denen aufs Gendern verzichten werden kann und sollte. Das ist bei Texten der Fall, die kurz, prägnant und verständlich sein sollen. Ein Beispiel: Webeplakate. Oder Headlines in einer Zeitung. Oder es hängt von der Zielgruppe ab: Spricht man z. B. nur Männer an, kann man auf Gendern verzichten. Auch in Leichter Sprache ist Gendern tabu. Nichtdestotrotz sollte das eher eine Ausnahme sein, denn Gendern ist wichtig für die Gleichstellung der Geschlechter.

Unsere Lösungen für Geschlechtergerechtes Gendern

1. Generisches Maskulinum? Nein!

Es machen wie immer: Das ist keine gute Lösung. Fangen wir von vorne an: Generisch heißt „im allgemein gültigen Sinne gebraucht“. Siehe da: Geschlechter-Gleichstellung – Fehlanzeige. Bei Verwendung eines generischen Maskulinums handelt es sich unserer Meinung nach lediglich um eine Ausrede, die obendrein auch eine verzerrte Realität schafft. Sprechen wir also nicht lange drüber und konzentrieren uns auf andere Gender-Lösungen.

2. Substantiviertes PPA (Partizip Präsens Aktiv)

Hinter diesem auf den ersten Blick unglaublich kompliziert wirkenden Wort mit der Abkürzung PPA versteckt sich eine spezielle Verbform. Um Ihnen langwierige, unverständliche grammatikalische Erklärungen zu ersparen: Studierende, Mitarbeitende oder Pflegende gehören zur substantivierten Variante zu dieser Form. Einen Haken gibt es allerdings: Diese Form entspricht nicht dem natürlichen Sprachgebrauch und kommt sehr gekünstelt rüber. Ein weiteres Problem liegt in der Wort-Bedeutung: Ein Student (der an der Uni eingeschrieben ist, aber zu dem Zeitpunkt, zu dem über ihn gesprochen wird, auch in der Kneipe sitzen kann) ist nicht gleich dem Studierenden (der gerade in diesem Moment studiert, also gerade in diesem Moment über seinen Büchern sitzt). Und der letzte und wohl der entscheidendste Nachteil dieser Form: Sie gibt es nicht für alle Begriffe.

3. „Weibliche“ Themenbereiche weiblich besetzen

Es gibt Themenbereiche, die größtenteils von einem Geschlecht dominiert sind. So ist es z. B. in der Pflege der Fall: Warum also nicht einfach direkt „Pflegerinnen“ schreiben? Quasi als „generisches Femininum“? Letztendlich sagen wir ja auch „Krankenschwester“ – und kaum „Krankenbruder“. Das gleiche könnte auch für „Friseurinnen“, „Erziehrinnen“ oder „Verkäuferinnen“ gelten. Würde diese Schreibweise auf gesellschaftliche Fahllagen aufmerksam machen oder sie nur zementieren?

4. Gesellschaftlichen Strukturwandel vorantreiben

In einigen Bereichen ist gesellschaftlicher Strukturwandel nötig. Bestes Beispiel: die Elternzeit. Wieso nicht hier auch „gendern“, z. B., anstatt Elternzeit von „Vaterzeit“ und „Mutterzeit“ zu sprechen? Denn eins ist klar: Hier sollten sich beide Geschlechter gleich angesprochen fühlen. Worte schaffen Realität: Also schaffen wir mit unserer Sprache eine, die wir uns wünschen!

5. Abwechselnde Aufzählungen

Würde man bei Aufzählungen von z. B. Berufen mit Sternchen gendern oder gar paarweise, würde die Aufzählung schön lang werden. Unser Vorschlag: Gender abwechselnd nutzen! Also: Pfleger, Ärztinnen, Maler, Polizistinnen und Feuerwehrleute treffen sich nach dem Feierabend auf ein Bierchen. Gerecht verteilt und leserlich.

6. Zu gendernde Worte ersetzen

Ein ersetztes Wort an passender Stelle verhilft auch zu einer besseren Leserlichkeit. Ersetzen Sie Pfleger*innen durch Pflegeteam und Facharbeiter*innen durch Fachkräfte. Und Feuerwehrmänner und -frauen durch Feuerwehrleute.

7. Gendergerechte Bilder verwenden

Gendern hat nicht nur etwas mit der Schriftsprache zu tun: Auch die Bildsprache (die gerade durch die Neuen Medien enorm wichtig und präsent geworden ist) hat einen enormen Einfluss auf die Geschlechtergleichheit. Schon mal darauf geachtet, wie viele klischeehafte Bilder z. B. in der Werbung präsent sind (Mädchen, die unbedingt Tanzen als Hobby haben; Jungen, die ausschließlich mit Treckern spielen; Mütter, die Kinder und Haushalt unter einen Hut bringen müssen)? Halten Sie dagegen mit Bildern, die die Welt so zeigen, wie Sie sie sich wünschen!

8. Stehen Sie zu Ihren Entscheidungen!

Letzten Endes ist es egal, für welche Gender-Form Sie sich entscheiden. Wichtig ist es, das Gendern auch über die gesamte Textlänge – oder auch die gesamte Webseite, das gesamte Magazin, oder, oder, oder – durchzuziehen. So wirken die Texte schlüssig und einheitlich und Sie erreichen Ihre Zielgruppe. Und was noch wichtiger ist: Dass Sie über die Wirkung des Genderns (oder des Verzichts darauf) nachgedacht haben.

9. (Gesellschaftliche Gegebenheiten verändern)

Diese Lösung steht in Klammern, weil das keine Aufgabe ist, die ein/e Einzelne/r schaffen kann. Sicherlich werden wir aber irgendwann an dem Punkt ankommen, wo wir kein Gendern mehr brauchen, sprich, unsere gesellschaftliche Realität nicht mehr mittels Sprache geraderücken müssen.

Gendern hilft, gesellschaftliche Strukturen zu verändern

Fazit: Wir stehen hinter dem Gendern. Geschlechtergleichheit ist in unserer Gesellschaft noch nicht gegeben. Und die Sprache ist ein wichtiges Instrument, um das zu verändern. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Gendern!