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Was Internetseiten von der Bibel lernen können

In der Oberstufe sagte einmal unser Mathelehrer, wenn er auf einer einsamen Insel strandete, wolle er, könnte er aus allen Büchern wählen, die Bibel dabeihaben. Keine schlechte Wahl: Sie bietet schon vom Umfang her viel Lesestoff, beinhaltet viele elementare Plots und vor allem wählt sie oft wunderbare Worte.

Die Bibel spricht bildreich

Ein Beispiel: „Schaut die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. So denn Gott das Gras auf dem Felde so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: Sollte er das nicht viel mehr euch tun?“ (Mt 6,28-30)

Nicht Blumen oder gar Gewächse, sondern Lilien – sofort erscheint ein Bild im Kopf, weil hier ein konkreter Begriff verwendet wird. Und die Lilien stehen da nicht einfach nur, sondern sie wachsen – Bewegung, Lebendigkeit. Und statt „für Unterhalt sorgen“ steht dort „spinnen“ – wieder wunderbar konkret und bildhaft beschrieben mit dem pars pro toto, dem Teil für das Ganze. Und noch einmal fast dramatische Bewegung: Heute noch steht das Gras auf dem Felde, morgen schon wird es in den Ofen geworfen …

Unternehmen verklausulieren sich oft

Sicher wäre die Botschaft des jungen Christentums nicht so erfolgreich gewesen, wenn man sie in pauschale, langweilige Aussagen gekleidet hätte, wie sie auf vielen Unternehmenswebseiten zu finden sind:

  • Wir beraten Sie kompetent und kundenorientiert. – Kompetent sollte jedes Unternehmen sein – aber worin gerade dieses kompetent ist, verrät der Satz nicht. Und was bedeutet kundenorientiert? Bekommt der Kunde bei Vertragsabschluss einen Keks?
  • Bei uns steht der Kunde im Mittelpunkt. – Nett, aber was hat er davon und wie genau sieht das bei diesem Unternehmen aus? Auf einer Webseite habe ich mal gefunden: „Bei uns steht der Kunde nicht im Mittelpunkt. Da würde er jedem im Weg stehen.“ Gut erkannt, aber kann der Besucher der Seite aus dem folgenden Satz nun wirklich schließen, wie sich eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen gestaltet? „Unser Kunde steht gleichberechtigt neben denen, die Seine Lösung realisieren.“ (Und wo wir gerade bei der Bibel waren: „Seinen“ schriebe man in dieser Verwendung nur groß, wenn es sich auf Gott bezöge – oder ist der Kunde in dieser Firma etwa Gott?)
  • Fachgerecht beraten wir Sie und setzen Ihr Projekt aktiv und kreativ um. – Fachgerecht ist selbstverständlich, denn sonst bräuchte man das Unternehmen nicht. Aktiv ist auch klar – denn passiv lässt sich nichts umsetzen. Aber was meint kreativ? Eigentlich bedeutet es „erschaffend“ – und oft erschaffen Unternehmen nicht, sondern verschleiern mit solchen Sätzen, dass sie vorgefertigte Lösungen haben.
  • Herzlich willkommen – auf unserer Internetseite können Sie sich über unsere Produkte und unseren Service informieren. – Weswegen sollte ich sonst hier sein?
  • Sicherheit schreiben wir groß. – Der Rest der orthografiekundigen Deutschen auch.

Unternehmen vergeben hier nicht nur Sympathiepunkte durch leere Floskeln, sondern auch die Möglichkeit, Wunsch-Kunden von sich und ihrer Leistung zu überzeugen.

Bitte prüfen: Wie spricht Ihre Internetseite (an)?

Stehen auf Ihrer Internetseite nur Sätze oder auch Aussagen? Gern werfe ich mal einen Blick auf Ihre Webpräsenz.

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