Kommentare 0

Strafgebühren fürs Phrasendreschen

Wat de Bur nich kennt, dat fret he nich. Wenn Sport, dann Rennsport. Einmal ist keinmal.

Diese und andere nichtssagende Sätze kommen bei den Schichtarbeitern einer münsterländischen Chemiefirma häufiger innerhalb einer Schicht vor – besonders nachts, wenn die sprachliche Eloquenz der biorhythmus-bestimmten Müdigkeit weicht.

Funktion von Phrasen im Mündlichen

Phrasendreschen tut niemandem weh, im Mündlichen haben Phrasen sogar spezielle Funktionen:

  • Sie überbrücken unangenehme Pausen.
  • Sie dienen einem Gesprächseinstieg oder Themenwechsel.
  • Sie signalisieren Gemeinschaft.
  • Sie verschaffen dem Redner Denkpausen.

Bitte nicht ins Schriftliche übernehmen!

Im Schriftlichen sind Phrasen überflüssig und kosten lediglich Zeit und Kraft. Dennoch strotzen viele Texte vor Phrasen. Imagetexte auf Unternehmenswebsites klingen z. B. oft so:

„Mit innovativen Produkten haben wir uns unseren Platz am Markt gesichert. Kreativ erweitern wir unsere Angebotspalette stetig und setzen Verbesserungen aktiv um. Da wir den Fokus auf gute Partnerschaft legen, erreichen wir so Synergie-Effekte mit unseren Lieferanten. Unser Service ist kundenorientiert und der Kunde steht immer im Mittelpunkt.“

Na, wissen Sie nun, was das Untenehmen macht, warum es gut ist und worin Ihre Vorteile als Kunde bestehen? Nein? Dann haben wir hier einen klaren Fall der Phrasendrescherei. Und ob der tatsächlich niemandem weh tut, müsste noch mal überprüft werden …

20 Cent je Phrase!

Ein solches Phrasengewäsch würde bei den Schichtarbeitern einen glatten Euro kosten. Seit Kurzem haben sie nämlich beschlossen: Jede Phrase kostet 20 Cent. Allerdings möchten sich die Kollegen dabei nicht vor leerem Gewäsch schützen, nein, die Schichtkasse ist leer und den nächsten Ausflug in den Freizeitpark muss ja irgendwer zahlen.

Das wäre eine tolle Motivation in Unternehmen: Wer eine Phrase schreibt in einem Geschäftsbrief, einer E-Mail an den Kunden oder auf einen Flyer oder die Internetseite, muss 20 Cent für den nächsten Betriebsausflug zahlen. Und einige Spezialisten würden dann merken: Phrasendreschen tut doch weh. Mindestens dem eigenen Geldbeutel. 

Floskeln können teuer werden!

In manchen Geschäftsbereichen sind Phrasen und Floskeln besonders gefährlich – oder haben Sie verstanden, in was für eine Geldanlage Sie da eigentlich investieren? Womit macht diese Anlage Geld? Wie funktioniert sie und wie viel Geld können Sie mit ihr verlieren?

Verbraucherschützer kritisieren, dass auf genau diese Fragen bei Fonds keine genauen Antworten gegeben werden. Stattdessen: juristische Floskeln, allgemein gehaltene Risikobeschreibungen. Oder stand in Ihrer Anlagebeschreibung irgendwo das Wort Totalverlust?

Über Floskeln im Alltag sehen wir oft hinweg, doch wie sehr wir uns dadurch an sie gewöhnen, merken wir wenn wir nicht mal bei großen Geldsummen mehr nachhaken oder im schlimmsten Fall erst, wenn es richtig teuer wird.

Schreibe eine Antwort