Von Gänsefüßchen und Hasenöhrchen

Kaum ein Satzzeichen hat so viele Bezeichnungen wie die Anführungszeichen: von Quotes über Gänsefüßchen, -augen und Hasenöhrchen bis hin zur wortlosen Geste mit dem Zeige- und Mittelfinger. Die „Gänsefüßchen“ wurden sogar im Duden aufgenommen. Die naheliegendste Erklärung, zumindest für den Begriff „Gänsefüßchen“, ist die bildhafte Ähnlichkeit; die Gedanken der Person, die die Klammern als „Gänseaugen“ bezeichnet hat werden wohl mit ihr gestorben und somit nie wieder nachvollziehbar sein. Doch wäre alles so einfach, würden wir keinen Blogartikel zu dem Thema verfassen …

Von Nadezda Gerdemann

Gänsefüßchen im Zeitverlauf

Die ursprüngliche Bezeichnung dieses Satzzeichens lautet „signum citationis“, übersetzt „Zitierzeichen“. Diese Bezeichnung wurde im 18. Jahrhundert durch das deutsche Wort „Anführungszeichen“ ersetzt. Durch den deutschen Dichter Jean Paul hat sich das „Gänsefüßchen“ etabliert: Dieser kritisierte viele Autoren, die keine eigenen Gedanken formulierten, sondern sich fremden Wissens bedienten. In seinen bissigen Aussagen zu einer überdurchschnittlichen Anhäufung von Zitaten nutzte er oft und gerne Synonyme der Anführungszeichen: „so folgen wir (…) auf den Gänsefüßen dem Autor leichter und vernehmen ihn mit den Hasenöhrchen leiser”, schrieb der Dichter.  Jean Paul ist übrigens für seine Wortschöpfungen bekannt: „Schmutzfink“, „Angsthase“ oder auch „Weltschmerz“ wurden unter seiner Feder geboren.

Das Aussehen ändert sich – doch die Bezeichnung bleibt

Die bildhafte Bezeichnung der Anführungszeichen geht auf die früher im Buchdruck verwendeten eckigen Klammern zurück: Mit etwas Fantasie gleichen sie tatsächlich einem Gänsefuß-Abdruck: ». Heute haben sich die kommaartigen Zeichen durchgesetzt: „“. Mit einem Gänsefuß haben sie zwar nur wenig zu tun, die umgangssprachliche Bezeichnung ist aber geblieben.

Oben und unten; eckig oder nicht – wer kann da den Überblick behalten?

Die Verwendung der Anführungszeichen ist nicht ganz eindeutig: Es fängt schon mit der Form an – denn in unterschiedlichen Sprachen sehen die Zeichen unterschiedlich aus. Während im Französischen die sogenannten „Guillemets“ verwendet werden, also die eckigen Klammern, sind es im Deutschen die kommaartigen Zeichen. Auch die Position unterscheidet sich je nach Sprache: So werden z. B. im Englischen die Gänsefüßchen nur oben gesetzt. Hier gibt es eine spannende Übersicht.

Im Deutschen gilt allerdings die Regel: 99 unten, oben 66. Sprich, es werden immer die kommaartigen Zeichen gesetzt, jeweils unten am Anfang und am Ende umgekehrt oben. „So in etwa.“

Stilistischer gebrauch: Wo gehören die Anführungszeichen hin?

Dass die Anführungszeichen ein Zitat bzw. eine direkte Rede markieren, weiß wahrscheinlich jeder. Schwieriger wird es aber beim stilistischen Gebrauch: z. B. wenn man über bestimmte Wortteile eine Aussage machen will oder etwas ironisch meint. Ein Bestandteil des „Tri“athlons ist das griechische Wort „tri“, was drei bedeutet. Oder wenn sie „nur“ eine 2 in der letzten Klausur geschrieben hat.

Awkward Anführungszeichen: Unsicherheit und Faszination sorgen für falsche Zeichensetzung?

Manche Menschen gebrauchen die „Gänsefüßchen“ inflationär – selbst wenn sie nicht ständig andere zitieren. (Darunter sind auch Menschen, die im gesprochenen Deutsch ständig Anführungszeichen in die Luft setzen.) Wir empfehlen einen moderaten Gebrauch solcher „Verlegenheits-Anführungszeichen“: Nehmen Sie sich lieber einen kurzen Augenblick, um zu überlegen, was Sie wirklich sagen/schreiben möchten, und präzisieren Sie Ihre Aussage. Denn allzu oft markieren „Gänsefüßchen“ nicht mehr als die Gedankenlosigkeit ihrer Sprecher/Schreiber.

Ähnlich wie im Fall des Deppen-Apostrophs, dem eine ganze Internetseite gewidmet ist, gibt es auch ein Sammelsurium an falsch gesetzten Anführungszeichen – und zwar auf Instagram. Und hier gibt’s noch mehr Tipps zum richtigen Satzzeichen-Gebrauch von uns.