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Zusammengehöriges zusammen lassen

Es gibt Möglichkeiten, sehr lange Sätze so zu schreiben, dass sie dennoch leicht verständlich sind. Etwa durch den klugen Gebrauch von Satzzeichen. Noch mehr aber durch die Ignoranz folgender Möglichkeit: Im Deutschen kann man unglaublich viel zwischen zusammengehörende Wörter stellen. Warum sollte man das nicht tun?

Weil das Gehirn Unvollständigkeit erkennt. Schon Kinder vor Erwerb der Sprachkompetenz reagieren irritiert auf unvollständige Aussagen, das zeigen Messungen der Gehirnaktivität. Registriert das Gehirn den ersten Teil einer grammatischen Konstruktion, „wartet“ es auf den zweiten, um den Sinn zu entschlüsseln. Während es wartet, schenkt es den Infos dazwischen kaum Aufmerksamkeit, die Infos gehen verloren. Und das können eine Menge Infos sein! Sehen Sie selbst …

Verbklammern eng halten

Ballast zwischen zusammengehörige Wörter – häufig geschieht dies bei Verbklammern. Beispiel aufräumen:

Er räumt sein Zimmer mit großer Leidenschaft und viel Geduld, manchmal aber auch etwas hektisch auf.“

Hier ist es nicht schlimm: „räumen“ in Verbindung mit „Zimmer“ kombiniert das Gehirn schnell zu „Zimmer aufräumen“. Was aber ist mit diesem Satz:

Der Abteilungschef kündigte seinen geschockten Mitarbeitern nach den vielen wirtschaftlichen Einbußen der letzten Monate und aufgrund mangelnder Flexibilität des Unternehmens seinen Rücktritt an.

Wie lange haben Sie gedacht, dass die Mitarbeiter fliegen? Auf diese Weise irrezuführen, kann gefährliche Missverständnisse erzeugen.

Halten Sie Verbklammern eng!

Besser ist:
Der Abteilungschef kündigte seinen geschockten Mitarbeitern seinen Rücktritt an nach den vielen wirtschaftlichen Einbußen der letzten Monate und aufgrund mangelnder Flexibilität des Unternehmens.

Hilfsverben rauben Zeit

Leser sind begrenzt geduldig – deswegen sollte man Texte kurz halten.

Häufig überflüssig sind Hilfsverben wie sein, haben, müssen, können, dürfen, sollen … Sie machen Sätze umständlicher, weil sie automatisch eine Verbklammer öffnen, z. B.:

Brüche können Ärzte fachgerecht und möglichst schmerzarm behandeln.

Besser wäre:

Brüche behandeln Ärzte fachgerecht und möglichst schmerzarm.

Wenn Sie einen Text geschrieben haben, überprüfen Sie, ob die Hilfsverben den Text verbessern – ansonsten streichen Sie sie.

Perfekt-Zeiten vermeiden

Im Deutschen kann man unglaublich viel zwischen zusammengehörende Wörter stellen – auch zwischen das Hilfsverb sein/haben und das Partizip in einer Perfektzeit. Beispiele:

  • Er hat sein Zimmer mit großer Leidenschaft und viel Geduld, manchmal aber auch etwas hektisch gestrichen.
  • Der Abteilungschef wurde von seinen geschockten Mitarbeitern von seiner dramatischen Reaktion auf die vielen wirtschaftlichen Einbußen der letzten Monate und auf die mangelnde Flexibilität des Unternehmens – einem Selbstmord – abgehalten.

Vermeiden Sie Perfekt-Zeiten; dann kommen Sie gar nicht erst in eine brenzlige Lage!

Aktiv sein

Die Untersuchung wurde vorgenommen. Der Patient wurde versorgt. Die Wunden wurden einer genauen Prüfung unterzogen. Die Praktikanten wurden eingewiesen.

Passivkonstruktionen sind doof: Erstens machen Sie Menschen zu Objekten. Zweitens verschweigen sie, wer etwas tut, und stellen so die Bedeutung des Handelnden unter den Scheffel. Drittens werden die Sätze meist länger, unverständlicher und stecken voller langweiliger Verben wie vornehmen, unterziehen etc. Und: Passivkonstruktionen öffnen Verbklammern.

Daher mein Tipp: Formulieren Sie möglichst oft aktivisch!

Zum Beispiel:
Der Arzt untersuchte den Patienten (grammatikalisch ist Patient natürlich immer noch Objekt, aber inhaltlich wesentlich weniger). Pflegekräfte versorgten ihn. Die Ärzte/die Pfleger (dies wurde aus dem Passivsatz nicht deutlich!) prüften die Wunden genau und wiesen die Praktikanten ein.

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