Do you speak Denglisch?

Arbeiten Sie auch im Home-Office? Falls Sie diese Tatsache mal gegenüber Freunden oder Kollegen aus Großbritannien erwähnt haben, haben diese Sie vermutlich eher irritiert angeschaut, denn dort ist mit home office das Innenministerium gemeint. Okay, der Arbeitsraum zuhause kann, je nach Kontext, auch gemeint sein, nicht aber die Tätigkeit darin. Englische Muttersprachler sagen stattdessen: I work from home (als „WFH“ wird die Arbeitsform abgekürzt). So gibt es einige Begriffe, die dem Wort nach aus der englischen Sprache stammen, die aber nur im Deutschen verwendet werden. Wir haben einige der gängigsten Denglisch-Wortschöpfungen zusammengestellt und uns einmal gefragt, warum diese Wörter in aller Munde sind. von Tomma Theophil

Mit dem Handy fing es an

Schon fast ein Klassiker unter den Schein-Anglizismen ist das Handy. Falls Sie es noch nicht wussten: Im Englischen heißt das Handy „cell phone“ oder „mobile phone“. Die Entstehungsgeschichte des Wortes „Handy“ im Deutschen ist umstritten. Auch wenn Witzbolde gern behaupten es käme aus dem Schwäbischen („Hän die koi Schnur dran?“), ist es doch wohl eher eine Erfindung des Mobilfunk-Konzerns Motorola, der in den Neunzigern nach einer griffigen Bezeichnung für sein Produkt suchte. Die Ableitung vom englischen Wort für „handlich“ oder „praktisch“ liegt für uns zwar irgendwie nahe, mit Telefonen hat „handy“ in Englischen jedoch nichts zu tun.

Achtung Missverständnisse!

Ähnlich wie im Handy-Beispiel läuft es oft ab: Das übernommene Wort ist nicht willkürlich gewählt, sondern es gibt einen thematischen Zusammenhang zwischen der ursprünglichen Bedeutung und der Verwendung im Deutschen. Man kann sich also gut vorstellen, dass dieses Ding im Englischen so heißen könnte. Tut es aber nicht.  Während ein Lernender des Englischen nicht groß zwischen einem shooting und einem photo shoot unterscheiden kann und beides irgendwie mit Models und Fotografen in Verbindung bringen mag, gibt es im ist im Englischen einen klaren Bedeutungsunterschied: Das shooting ist eine Schießerei, nichts anderes. Mit dem Oldtimer können Sie vermutlich in beiden Ländern die alten Zeiten wieder aufleben lassen, allerdings handelt es sich dabei in englischsprachigen Ländern um einen alten Herrn, nicht um ein schickes altes Auto. Letzteres wäre ein classic car. So kommen Bedeutungsverschiebungen und Missverständnisse zustande.

Alternative gesucht

Bei der Fußball-WM 2006 haben wir uns an den Begriff Public Viewing gewöhnt. Englisch-Muttersprachler würden hier eher von public screening sprechen (auch hier gilt: ähnlich, aber nicht dasselbe). Der Begriff viewing wird im Englischen in nur einigen spezifischen Situationen verwendet, in denen etwas ausgestellt wird. Das kann z. B. auch die Aufbahrung eines Leichnams und das Abschiednehmen am offenen Sarg sein – ein deutlich anderes Setting als das Public Viewing im Deutschen. Um speziell dieser Denglisch-Vokabel etwas entgegenzusetzen, führte damals der Radiosender 1Live den Begriff „Rudelgucken“ ein, der sich in Teilen der Bevölkerung auch durchgesetzt hat. – Wohl weil er anschaulich war und als ebenso cool empfunden wurde wie die Denglisch-Vokabel. Man kann also nicht generell sagen, dass es für ein deutsches Wort zu spät ist, wenn der denglische Begriff erstmal Einzug gehalten hat. Ein deutsches Wort kann durchaus „in“ und ein englisches „out“ sein. (Auch diese zwei kleinen Wörtchen werden übrigens im Deutschen anders verwendet als im Englischen und sind somit Scheinanglizismen. – Hätten Sie’s gedacht? Es ist aber logisch, wenn man drüber nachdenkt: Im Englischen würde man immer outdated oder out of fashion sagen, out ist halt einfach nur „außen“.)

Sprache darf kreativ sein

Englische Begriffe wandern dann mit besonderem Erfolg in unsere Muttersprache ein, wenn es im Deutschen eine Bezeichnungslücke gibt. Daher haben wir in den letzten Jahrzehnten neu hinzugekommene Wörter wie Computer und E-Mail gleich ganz übernommen. Sprache entwickelt sich: Jede Oma weiß heutzutage, was eine E-Mail ist, nur extreme Sprachpuristen sprechen von der E-Post. Aber eigene Wörter zu kreieren, die es in der Sprache, aus der sie vermeintlich stammen, gar nicht gibt? Das ist schon ein anderes „Level“. Aber warum eigentlich nicht: Sprache ist dazu da, um verstanden zu werden, und das gelingt zunehmend auch mit Denglisch.

Im „Business“ ist es inzwischen Gang und gäbe, (mehr oder weniger) englische Begriffe zu verwenden. Auch in die Jugendsprache fließen immer wieder englische Wörter ein und werden aus reiner Lust am Ausprobieren und an der Sprachakrobatik verändert und eingedeutscht. Wenn eine Mehrheit solche Begriffe dauerhaft benutzt, haben sie sich eben durchgesetzt.  Das ist aber längst nicht immer so, manche Neuschöpfung erweist sich als kurzlebiger Trend oder Rohrkrepierer aus der Marketingabteilung. Ein erfolgreiches Denglisch-Wort darf nicht verwirrend sein, es muss den Inhalt besser ausdrücken als das deutsche Äquivalent und es muss leicht auszusprechen sein.

Fazit: Denglisch ist halb so wyld!

Denglisch hat viele Feinde, aber ist es wirklich so schlimm? Schließlich wird hier mithilfe von Sprachkennnissen, die eine Mehrheit der Deutschen teilt, etwas schneller und knackiger ausgedrückt als mit dem entsprechenden deutschen Wort. „Du bist so ein Messie!“ hat doch viel mehr Wumms als „Du bist so ein unordentlicher Mensch!“ Vielleicht sollten wir Denglisch einfach als spielerische Erweiterung unseres Deutschen Wortschatzes betrachten, der diesen nicht bedroht, sondern nur ergänzt. Allerdings nur dann, wenn wir uns bewusst sind, dass es diese Wörter im „richtigen“ Englisch nicht gibt. Sonst sehen wir mit unseren Handys, Smokings, Basecaps und ähnlichen Sprachkreationen bald ziemlich „old“ aus, wenn wir ins Ausland fahren. 😉