Die Griechen benutzen ein Semikolon oft und gerne: In ihrer Sprache fungiert das Symbol nämlich als Fragezeichen. In Deutschland streiten sich aber die Geister über die Verwendung des „Strichpunktes“: Während alle Freunde fester Interpunktionsregeln mit den Augen rollen, plädieren viele Autoren für die Nutzung des Semikolons als Stilmittel. Das erste Semikolon entstand mit dem Buchdruck: Es wurde vom venezianischen Drucker Aldus Manutius d. Ä. erstmals in seinen Veröffentlichungen gedruckt – und das recht viel. Danach ging es allerdings bergab.
Schwammige Regeln sorgen für Verwirrung
Das grundsätzliche Problem bei diesem Satzzeichen: Das Semikolon dient der Abgrenzung von Wortgruppen oder Teilsätzen voneinander. Dabei ist der Abgrenzungsgrad höher als bei einem Komma, aber niedriger als bei einem Punkt. Feste Regeln zum Setzen eines Semikolons gibt es demnach nicht: Sogar im Buch „Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis. Amtliche Regelung“, das alle Regelungen rund um die Satzzeichen beinhaltet, findet man lediglich eine halbe Seite mit recht schwammigen Regeln.
Ein Satzzeichen vom Aussterben bedroht
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, ein Semikolon zu setzen: zwischen gleichrangigen längeren Hauptsätzen oder gleichrangigen Wortgruppen, die in Aufzählungen die gleiche Struktur vorweisen. Punkt. Deswegen kommt ein Semikolon in Texten recht selten vor. Es stirbt aus. Das beweist auch eine von Tyler Vigen durchgeführte Studie: Der Statistiker hat Bücher auf das Vorkommen des „Strichpunkts“ untersucht. Im Jahr 1811 kamen 18 Semikola pro 1.000 Wörter vor – also alle drei Sätze eins. Inheutigen Büchern kommt das Semikolon nur noch alle 55 Sätze vor.
Früher war alles besser!
Ein Beispielwerk, in dem das Zeichen viel und gern benutzt wird: die Texte von Thomas Mann. Schon im ersten Satz des Buches „Zauberberg“ trifft man auf das Symbol; einen Satz später folgt das zweite Semikolon. Auf den tausend Seiten des Buches geht es so weiter, bis der Hauptcharakter von seinen Gegnern überwältigt wird – natürlich von Semikolons umgeben. Was ist nun seitdem schiefgelaufen? Oder hat Herr Mann all die Semikolons verbraucht, sodass wir heute keine mehr übrighaben und nicht verwenden können?
Unsicherheit und oberflächliche Popkulturen sorgen für den Untergang
Entscheidend für das langsame Verschwinden des Semikolons ist in erster Linie die Unsicherheit über dessen korrekte Verwendung: Immer weniger Autoren trauen sich, die schmale Grenze zu bestimmen, die sich zwischen dem Punkt und dem Komma befindet.
Eine weitere Erklärung liefern französische Wissenschaftler mit ihrer Behauptung, der Untergang des Semikolons rühre aus den USA: Die amerikanische Sprache verwende nur kurze Hauptsätze, was ein Semikolon überflüssig mache. Die oberflächliche Popkultur tue ihr Übriges.
Ist das Semikolon bald ganz weg?
Doch keine Angst! So schnell wird das Symbol nicht von unseren Tastaturen verschwinden; denn Semikola finden immer noch ihre Verwendung – in der digitalen Welt. Am häufigsten sieht man das Zeichen in Online-Texten – wenn es als zwinkerndes Emoticon bzw. Smiley verwendet wird. 😉 – oder in der Programmiersprache.
Ein Fun-Fact zum Abschluss
Nicht mal der Plural des Semikolons ist eindeutig geregelt. Es gibt nämlich, genauso wie beim Komma, zwei Varianten der Mehrzahl: Semikolons und Semikola.